Leseprobe: Gening


Thomas Welker will es zunächst gar nicht glauben, aber die Einbrecher waren tatsächlich auf der Suche nach Biancas Haarlocke. Dabei hat er das Ding nur aus Sentimentalität behalten. Die Sommertage unbeschwerter Jugendliebe sind längst vergangen.
Aber dann taucht diese attraktive Frau bei ihm auf. Sie weckt sein Interesse. Nicht nur mit dem, was sie ihm erzählt. Oder eher verschweigt. Er beschließt, Antworten auf seine Fragen zu finden und steht plötzlich in einem Strudel von Ereignissen, bei denen es längst nicht mehr darum geht, ob Bianca bei ihrem Aufstieg zur Topathletin gemogelt hat.

Verlag: Nur über den Autor erhältlich

ISBN-Nummer: noch nicht vorhanden

Bestellung: Erhältlich als e-book

Prolog

Die Frühsommermorgen in Dachwig hatten die Angewohnheit, sich in die leuchtenden Farben der Verheißung reichhaltiger Ernten auf den Feldern und vor allem in den weitläufigen Obstplantagen zu kleiden. Nachdem wir tags zuvor mit unseren Zeugnissen mehr oder weniger beglückt worden waren, erlaubte ich mir noch zeitigeres Aufstehen als gewöhnlich, um mein Glück am Stausee bei der Huldigung der Petrijüngerei zu versuchen. Beladen mit allerlei Gerät, Ködern und Utensilien zum Transport der Beute an Mutters Herd schloss, ich mein Fahrrad schiebend, leise unser Hoftor, behängte mich mit dem ganzen Kram und wollte losradeln, als Bianca die eigene Hoftür öffnete und ihr Fahrrad haltend fragte: "Nimmst du mich mit?"
Bianca war damals ein Mädchen, das in meiner Schulklasse lernte, ihr leuchtend fuchsrotes Haar entgegen aller Modetrends zu zwei langen Zöpfen flocht und an den Stellen bereits trefflich gerundet war, die uns pubertierenden Knaben, der süßen Verheißung solch praller Weiblichkeit wegen, die Zunge auf den Asphalt fallen ließ, und selbst der Jugend entwöhnter Männer immer noch ein genießerisches Zungeschnalzen entlockte. Und sie war eine Sportskanone. Sie konnte damals bereits schneller rennen als die Hasen auf den Äckern rings um Dachwig. Vielleicht war es deshalb noch keinem Knaben aus dem Dorf gelungen, sie einzufangen und flach zu legen.
"Ja klar", sagte ich, nicht wissend, was ich mit ihr während der meist langweiligen Jagd auf die Bewohner des Stausees anfangen sollte. Jeden, der mir das Folgende prophezeit hätte, hätte ich sofort an den zuständigen Psychiater verwiesen. Allerdings war mir auch klar, dass die Knaben in meiner Klasse allein für dieses vertraute Beisammensein mit Bianca, geschweige denn die folgenden Übungen und potentiellen Höchstleistungen, ihre Eltern, ohne mit der Wimper zu zucken, an blutrünstige Häscher verpfiffen hätten. Wir kamen natürlich nicht zum Angeln, sondern lagen blickgeschützt ineinander verschlungen im Uferried. Für mich, der ich bisher nach dem Motto pubertierender Knaben gelebt hatte: So lange ich zwei gesunde Hände habe, kommt mir keine Frau ins Haus! war es erstaunlich zu erlernen, zu was man diese Dinger, neben anderen Körperteilen natürlich, noch benutzen konnte. Neben Hausaufgaben abschreiben, Papa beim Handwerkern helfen und den Lenker am Fahrrad halten, ließen sich damit auch Mädchen lustvolle Geräusche oder gar Schreie entlocken. Auf den Gedanken, dass meine Mutter bei meiner Wiederkehr ohne Fisch dumme Fragen stellen könnte, kam ich wegen chronischer Unterversorgung meines Gehirns mit Sauerstoff nicht. Mein Blut versorgte andere Körperteile und mein Geist war auf die feinen, schimmernden Härchen auf Biancas Rücken oder die süßen, harten Nippel auf ihrer Brust fixiert. Und dem Ergötzen an der Lust, die ein Mädchen, das sich voll hingab, entwickelte und zu entfachen in der Lage war.
Irgendwann fragte ich Dummerchen auf dem Rücken liegend und verkniffen in die Sonne starrend dann doch. "Warum ausgerechnet ich?"
"Kerle", stöhnte sie. "Die müssen immer blöde Fragen stellen. Warum? Warum nicht?" Dann beugte sie sich über mich. "Weil dich der ganze Scheiß nicht zu interessieren scheint."
"Aha. Äh, welcher Scheiß?"
"Na der eben", fauchte sie und fasste in meinen Schritt, wo sich sofort ein interessiertes Körperteil aufrichtete. "Die ganzen Trottel hier im Dorf würden mir doch die Schuhe putzen, wenn sie dafür in mein Top schauen dürften. (Das wäre in diesem Moment Quatsch gewesen, weil es inhaltslos an einem Schilfblatt baumelte.) Und bei dir wollte ich eben wissen, ob du wirklich so cool bist, dass es hinter dir schneit."
"Und? Bin ich das?"
"Nee", lachte sie, setzte sich auf mich und ließ mein fast berstendes Glied langsam in sich hinein gleiten. Oh Gott, wie schön hast du die Welt erschaffen.
Die traute Zweisamkeit zwischen Bianca und mir blieb dem Dorfklatsch natürlich nicht verborgen. Ein Junge und ein Mädchen im geschlechtsreifen Alter, die gemeinsam zum Angeln radelten oder vorgaben von dort zu kommen, regten eben die dreckige Phantasie der Bauern an. Hatte meine Mutter die anglerischen Misserfolge anfangs noch mit der Bemerkung: "Sie beißen wohl schlecht!" und einem Kopfnicken zu Kenntnis genommen, überraschte sie mich Mitte der Ferien mit der Ermahnung, ja keine Dummheiten mit Bianca zu machen. Hätte ich ihr nun erklären wollen, dass ich statt des Fressverhaltens der Karpfen im Dachwiger Stausee am lebenden Modell die Besonderheiten der weiblichen Anatomie studierte, kurz, bis über beide Ohren verknallt war und mir die Eichel wund vögelte, befürchtete ich verschärften Stubenarrest als Strafe. Aber Mütter wissen so etwas einfach oder verfügen über ein telepathisches Organ, mit dem sie die Gedanken ihrer Söhne ausspionieren können. Jedenfalls erläuterte sie mir anschließend umständlich den Gebrauch und die Vorteile von Kondomen. Das waren die Dinger, die Bianca nach dem Sex immer in den leeren Getränkekartons versteckte und in der nachbarlichen Wertstofftonne entsorgte.
Ich ließ es über mich ergehen.
Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres ließ Bianca dann die Bombe platzen. Sie würde die Schule verlassen und auf ein Sportgymnasium wechseln, dort Bedingungen vorfinden, die sie ganz bestimmt zu einer überragenden Läuferin heranreifen lassen würden. Das Angebot sei einfach nicht abzulehnen. Nun interessierte mich das nicht wirklich, wo sie sich gerade im Evaskostüm neben mir räkelte und mein einziger Gedanke sich darum drehte, ob sie meine Hand neckisch weg schlagen oder sie an die Stellen führen würde, die ihre Lust anfachen mochten. Männer - und für einen solchen hielt ich mich damals bereits - sind so leicht abzulenken. Sie schob meine Hand jedoch weg. Ernste Gespräche waren angesagt, das Versprechen wurde gegeben, in den Ferien heim zu kommen. Meine Bedenken verhallten ungehört. Es ging um ihr Leben und die Ferien waren vorbei. Schließlich begann das neue Schuljahr und mir blieb ein süßer kleiner, selbst gebastelter Umschlag mit einer fuchsroten Haarsträhne, den ich fortan bei mir trug. Bianca kam nie wieder nach Dachwig.

  mehr Appetitanreger

zurück

Startseite   |   Autor   |   Werke   |   Bestellung   |   Kontakt